Mythos G-Punkt: Gibt es ihn jetzt oder nicht?

Mythos G-Punkt: Gibt es ihn jetzt oder nicht?

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Man sollte meinen, dass es nicht schwer sein kann, den weiblichen Körper und seine Erregbarkeit zu erforschen. Aber der G-Punkt bleibt ein Mythos. Wir wollen das nun endlich klären und haben die Sexualwissenschaftlerin Anja Drews gefragt.

Foto: Kay Fochtmann/photocase.de

Die 44-Jährige ist Diplom-Sexualwissenschaftlerin und berät Jugendliche und Erwachsene bei sexuellen Problemen. Zudem arbeitet sie mit Unternehmen wie Beate Uhse zusammen, um Fragen von Kunden und Usern zu beantworten und aufzuklären.

BRIGITTE: Werden Sie oft nach dem G-Punkt gefragt?

Anja Drews: Ja, auf jeden Fall. Der G-Punkt ist eines der großen Themen. Neben der Frage, warum einige Frauen beim Geschlechtsverkehr nicht zum Orgasmus kommen. Es ist so, dass der deutsche Arzt Ernst Gräfenberg 1950 den G-Punkt beschrieben und seinen Namen gegeben hat. Aber seitdem ist nicht wissenschaftlich bestätigt, dass es ihn wirklich gibt. Immer wieder gab es in der Wissenschaft einen Aufschrei: "Ah, wir haben ihn gefunden" und dann "Es gibt ihn doch nicht". Letztendlich weiß es keiner.

Aber es gibt doch unzählige Schaubilder im Internet, wo er angeblich lokalisiert ist.

Der G-Punkt soll sich an der vorderen Seite der Scheidenwand befinden, zur Bauchdecke, fünf Zentimeter vom Scheideneingang entfernt. Aber diese Stelle ist nicht bei allen Frauen sexuell empfindlich. Trotzdem baut er bei Frauen - und auch bei Männern - viel Druck auf, weil sie ihn suchen und nicht finden.

Also hat doch nicht jede Frau einen G-Punkt?

Es gibt viele Aussagen von Sexualwissenschaftlern, die komplett unterschiedlicher Auffassung sind. Die einen sagen, dass es ein Punkt ist, ein Drüsengeflecht. Dazu tendiere ich auch, obwohl ich keine Medizinerin bin. Ich erkläre es mir so: Harnröhren haben Drüsen. Und diese Drüsen füllen sich bei Erregung mit Flüssigkeit. Bei manchen Frauen geben die Drüsen auch Flüssigkeit ab. Das ist die sogenannte weibliche Ejakulation. Bei anderen Frauen funktioniert das nicht. Einige Frauen fühlen eine Struktur, wenn sich die Drüsen füllen, andere nicht. Eine andere Theorie ist, dass es Ausläufer der Klitoris sind. Die Klitoris ist ja viel größer, als man immer gedacht hat. Und es gibt zwei Ausläufer, die auch bis an die Harnröhre heranreichen. Aber auch das ist nicht erwiesen.

Damit bleibt der G-Punkt auch weiterhin ein Mythos.

Ich glaube schon, dass es diesen Punkt gibt. Mir haben Frauen erzählt, dass sie ihn spüren. Aber es gibt genauso viele Frauen, ungefähr die Hälfte, bei denen das nicht der Fall ist. Jede Vagina sieht anders aus, verhält sich anders. Und nur einige haben einen sexuell erregbaren G-Punkt.

Das hört sich kompliziert an.

Das ist es leider auch. Es gibt ja inzwischen Frauen, die sich den G-Punkt aufspritzen lassen. Wenn man allerdings vorher dort nicht erregbar war, wird man es nach dem Aufspritzen auch nicht sein.

Wie kann eine Frau herausfinden, ob sie einen G-Punkt hat?

Ich rate Frauen, sich selber zu ertasten und zu erforschen. Sie können schauen, was ihnen gefällt und was sie stimuliert. Bei vielen ist es allerdings so, dass der Partner ihn erspürt. Vielleicht liegt es daran, dass sich Frauen beim Sex besser fallen lassen können oder weil sie selber nicht in ihre Vagina hineinfühlen. Wichtig ist, dass sich die Frauen nicht unter Druck setzen. Ich denke, dass es besser ist, herauszufinden, was einen erregt und was mit dem Partner funktioniert. Und dann ist es auch gut so. Frauen sollten nicht darauf schauen, was sie nicht haben, sondern das nehmen, was da ist.

Können G-Punkt-Vibratoren helfen, um herauszufinden, ob man selbst einen hat?

Ich würde lieber erst mit den Fingern nach dem G-Punkt forschen. Die Finger sind zarter und sensibler. Ein Vibrator ist ja schon wieder sehr groß und lenkt durch die Dicke etwas ab. Aber wenn Frauen diesen Punkt haben und sagen, dass sie dort erregbar sind, ist ein G-Punkt-Vibrator natürlich super. Wer eine weibliche Ejakulation hat, sollte nicht erschrecken. Mir erzählen Frauen, dass sie die Ejakulation nicht einordnen konnten. Sie dachten, sie hätten ihre Blase entleert und deshalb ihren Orgasmus zurückgehalten. Das müssen sie nicht. Es ist alles in Ordnung.

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