Ich will einen Mann mit Kind!

Ich will einen Mann mit Kind!

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Partnersuche

Andere rennen schreiend weg, wenn sie "gebrauchten" Männern mit Ballast begegnen. Unsere Autorin sagt: Ein Mann mit Kind? Her zu mir! Das sind die Besten.

Foto: Oliver Rossi/Corbis

Im Online-Forum "Patch* würg" ist man sich einig: Männer mit Beziehungsballast in Form von Teilzeit-Kindern sind ein Problem. Irgendwas nervt immer, wenn man mit einem "gebrauchten" Mann liiert ist: die eifersüchtige Ex, die verzogenen Patchwork-Kids oder ihr von Schuldgefühlen zerfressener Vater. Und erst die Urlaubsplanung! Steht in ihrer komplexen Logistik einer Papstwahl in nichts nach. Sie haben ja alle recht. Einfach ist es nicht, wenn man sich in einen Vater verliebt. Aber was ist schon einfach?

Zum Glück höre ich in letzter Zeit auch ganz andere Stimmen. Gefühlt geschah es über Nacht, plötzlich waren all meine verbliebenen Single-Freundinnen vergeben - allesamt an Patchwork-Papas. Seit Neuestem verbringen sie nun ihre Samstage im Zoo oder im Spaßbad, backen Kekse in Hasenform (und posten sie stolz auf Facebook) oder bauen monströse Playmobil-Krankenhäuser auf (aktueller Rekord: 4,5 Stunden!). Ich kann das gut verstehen. Denn ich war die Erste von ihnen. Und ich habe sie alle mit dem Väter-Virus infiziert.

Tickt da vielleicht eine biologische Uhr? Will sich da jemand ein "Beutekind" erschleichen? Nein, im Gegenteil. Alle von uns hatten bislang keinen akuten Kinderwunsch. Stattdessen waren wir immer an vorderster Front dabei, wenn über die scheinbar unweigerliche Zwangsverspießerung anlässlich neuer Familiengründungen im Freundeskreis gelästert wurde.

Männer mit Kindern sind reifer als andere Männer

Gezielt gesucht haben wir unsere Partnerväter also nicht. Aber wir sind heilfroh, dass wir sie gefunden haben. Denn sie sind anders als die anderen. "Irgendwie reifer", fasst es Jule zusammen, als wir uns an einem beutekinderfreien Wochenende endlich mal wieder sehen. Was sie damit meint: Sie sind liebevoller. Ernsthafter. Unneurotischer. Humorvoller. Konfliktfähiger. Krisenresistenter. Patenter. All das meine ich jedenfalls damit. Und täglich kommt eine Eigenschaft mehr hinzu, die ich entdecke und die ich so lange schmerzlich an Männern vermisst habe. Denn es laufen eine Menge mittelschwer bis unheilbar bindungsgestörter Exemplare da draußen rum, das wissen wir alle.

Sie sind liebevoller. Ernsthafter. Unneurotischer. Humorvoller. Konfliktfähiger. Krisenresistenter. Patenter.

Väter dagegen... Okay, okay, ich bin da befangen, ich gebe es zu. Objektiver ist hoffentlich Björn Süfke, der als Psychologe seit Jahrzehnten ausschließlich Männer therapiert. Er kennt alle Abgründe - und ist zum Glück trotzdem meiner Meinung: "Getrennte Väter sollte man der Frauenwelt anpreisen", sagt er. Der Buchautor ("Männerseelen: Ein psychologischer Reiseführer") hat gleich mehrere Begründungen parat. Beziehungen würden ja gern mal mit romantischen Bedürfnissen und Wünschen überfrachtet, sagt er. Väter dagegen hätten schon die Erfahrung gemacht, dass sich nicht immer alles um sie drehe und sie ihre Bedürftigkeit als Partner auch mal zurückstellen müssten.

Alles in allem "eine sehr begrüßenswerte Heilung vom Egozentrismus". In meinem Langzeitgedächtnis blitzen ernüchternde Dates auf, bei denen es vor allem um eines ging: um IHN. Und um das, was ER so Tolles tut. Was für eine Zeitverschwendung. Klar, wenn stattdessen Sorgerechts-Stress oder Trennungs-Nachwehen Thema sind, ist das auch nicht gerade romantisch. Schon gar nicht, wenn man frisch verliebt ist. Aber man ist schneller beim Eingemachten, bei der Frage der Fragen: Was kannst und willst du für mich sein?

Väter haben keine Angst vor Auseinandersetzung und Verantwortung

"Ohne meine Tochter wäre ich heute ein anderer", sagt der Mann an meiner Seite oft. "Sie hat einen besseren Menschen aus mir gemacht." Er hat einen Drang zum Pathos, das sagt er selber, aber es stimmt. Ich kenne ihn von früher.

Björn Süfke hat den passenden Fachterminus parat: Vatersein bringe automatisch eine "Empathie-Schulung" mit sich. Wer ein Kleinkind, das sich heulend unter dem Bett verschanzt hat, überzeugt, da nach drei Stunden doch wieder hervorzukriechen, leistet emotionale Schwerstarbeit. "Väter sind mehr in Kontakt mit ihren Gefühlen und bei sich selbst", sagt Süfke. "Das ist doch attraktiv!" Klingt ein bisschen nach Männergruppe, erleichtert das Beziehungsleben aber ungemein.

Ich habe mich verändert. Ich sehe die Welt jetzt mit sechs Augen

Vielleicht ist ein Männertherapeut doch etwas parteiisch? Die Geschlechterforscherin Dr. Nina Wehner vom Zentrum Gender Studies der Universität Basel hat die "neuen Väter" wissenschaftlich untersucht. Damit meint sie diejenigen - meist zwischen 30 und 40 -, die eine gleichberechtigte Beziehung und viel Zeit mit ihren Kindern wollen. Bei ihnen hat sie eine besondere "Aushandlungskompetenz" festgemacht. Als Partner gehen sie Konflikten nicht aus dem Weg, sie haben keine Angst vor Auseinandersetzung, keine Angst davor, in der Liebe Verantwortung zu übernehmen. Denn sie haben schon längst die größte Verantwortung übernommen, die es überhaupt gibt - die für einen anderen Menschen. Gute Voraussetzungen also, dass er nicht gleich wegrennt, wenn es mal härter kommt. Sogar härter als eine Niederlage seines Lieblingsvereins. Ich dagegen bin oft ganz schön feige. Auch darum stehe ich auf Väter. Wo kann ich sonst schon gefahrlos testen, ob ich ein Kindertyp bin oder nicht? Ob ich das Zeug zur Mutter habe oder besser coole Tante oder Freundin bleibe? Und zwar quasi "in echt", aber mit Rückfahrkarte. Sehr aufschlussreich, diese Versuchsanordnung.

Und egal, was das Versuchsergebnis sein wird, das Wichtigste ist schon längst passiert: Ich habe mich verändert. Ich sehe die Welt jetzt mit sechs Augen. Mit meinen. Mit seinen. Und mit denen des Mini-Menschen an seiner Seite.

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