Klingt gut, bringt nix - diese Therapeuten-Tipps haben nicht geholfen

Klingt gut, bringt nix - diese Therapeuten-Tipps haben nicht geholfen

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Auf der Couch leuchtet Brigitte-Autorin Maja Schwaab vieles ein. Manches entpuppt sich daheim aber als Luftnummer.

Auch Therapeuten sind keine Wunderheiler. Auf Peters Couch haben wir zwar viele gute Anregungen bekommen - manchmal dann aber beim Versuch der Umsetzung gemerkt: Das bringt nichts. Oder wir sagten in der Sitzung: "Klingt gut!" - machten aber nichts draus. Weil es irgendwie nicht passte. Zum Beispiel bei diesen Tipps:

    Die "Ich-fühle"-Sätze: Sie gehören zum Standard-Repertoire fast jedes Therapeuten - und auch Peter legte sie uns ans Herz. Das Prinzip: Nicht angreifen, sondern Gefühle offen legen. In der Theorie prima, denn es leuchtet ein, dass "Ich fühle mich einsam" etwas ganz anderes ist als "Immer lässt du mich allein, du denkst nur an dich!" Auf den ersten Satz kann man eingehen, der erzeugt Empathie. Der zweite Satz fordert lediglich zur Verteidigung heraus. Ich ahnte aber schon während der Sitzung: Mit Daniel wird sowas nichts. Gefühlige Sätze hervorzubringen, während die Halsschlagader pocht - wer das als aufbrausend veranlagter Mensch auf Dauer schafft, vor dem verbeuge ich mich. Der von mir sehr geschätzte John Gottman, amerikanischer Wissenschaftler und Paartherapeut, hat denn auch beobachtet: Viele Paare schaffen es zwar zeitweise, auf "Ich-fühle"-Sätze umzusteigen, aber irgendwann fallen sie doch wieder in alte Muster zurück.
    Was ich dennoch mitnehme: Die Idee, mehr auf Daniels Gefühle zu schauen, darauf, was sich hinter seiner Wut versteckt.
    Die Wein-Liste: Peter riet uns, eine Liste mit Gesprächsthemen anzulegen. Sie solle zum Einsatz kommen, wann immer im Alltag ein Thema auftauche, bei dem wir merkten: "Ui, Konfliktstoff!" Bei einem Glas Wein könnten wir dann die Punkte auf der Liste in Ruhe besprechen. Leider wollen wir beide unserer Empörung meist sofort Luft verschaffen. Darüber hinaus hat Daniel wenig Lust, Abende mit Konfliktgesprächen zu füllen. So stümpern wir weiter vor uns hin, diskutieren, wenn die Konflikte eben aufkommen. Manchmal schaffen wir es immerhin, hinterher klärende, ruhige Worte zu wechseln.
    Was ich dennoch mitnehme: dass nicht jeder Moment fürs Ausdiskutieren geeignet ist. Wenn Daniel jetzt sagt: "Ich will nicht mehr streiten, lass uns aufhören", dann schaffe ich manchmal, mich zusammenzureißen und ihn in Ruhe zu lassen. Im Gegenzug lege ich immer öfter Wert darauf, dass er es respektiert, wenn ich sage: "Lass uns so bitte nicht vor Mattis reden, das besprechen wir nachher!"
    Gesagtes wiederholen: noch so ein Therapeuten-Klassiker. Es soll das Zuhören üben, wenn man immer wieder zusammenfasst, was der andere gesagt hat. Das Ziel: vermeiden, dass man aneinander vorbeiredet, nur darauf bedacht, den eigenen Standpunkt rüberzubringen. Ich habe das Wiederholen genau einmal probiert. Aber Daniel reagierte nur genervt: "Ich brauche das nicht, dass du wie ein Papagei alles nachplapperst. Das kommt ja nicht vom Herzen."
    Was ich dennoch mitnehme: dass sich besser Zuhören in jedem Fall lohnt. Das eigene Argument erst mal kurz runterzuschlucken und dem anderen stattdessen das Gefühl zu geben: Du wirst gehört.
    Das Vergleichen sein lassen: Peter gab meinem Mann recht, als dieser sagte, mein ständiges Aufrechnen á la "Wer macht was" sei Gift für die Beziehung. Ich finde es aber weiterhin ungerecht, wenn wir bei seinen Eltern sind und Daniel jeden Morgen ausschläft - während ich mich um Mattis kümmere. Ich bleibe dabei, dass ich eine gewisse Balance brauche, um zufrieden zu sein.
    Was ich dennoch mitnehme: die Vergleiche mehr für mich zu behalten. Stattdessen Daniel immer wieder etwas abzunehmen, selbstlos Aufgaben zu erledigen - denn dann macht er von alleine auch viel mehr. Ich gebe mir Mühe, mich weniger zu beschweren, stattdessen meine Wünsche anders auf den Tisch zu bringen. Anstatt ihm vorzurechnen, dass er jetzt "dran" sei, führen bei Daniel nun mal solche Sätze viel eher zum Erfolg: "Wie wäre es, wenn du Mattis morgen früh nimmst, wäre das ok für dich?"

Wahrscheinlich könnten wir die Therapie längst beendet haben, würden wir Peters Vorschläge mustergültig umsetzen. Aber wir sind nun mal Menschen mit vielen kleinen Fehlern. Deshalb machen wir weiter. Gerade weil wir ein Kind haben, kommen Reflexion und das Suchen nach alternativen Wegen viel zu kurz in unserem Alltag. Auf Peters Couch nehmen wir uns die Zeit dafür. Auch wenn mancher Weg sich dann als Sackgasse entpuppt: Es lohnt sich.

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