"Ihr Umgang mit unserem Kind machte mich wütend"

"Ihr Umgang mit unserem Kind machte mich wütend"

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Hier erzählt der Ehemann von BRIGITTE-Autorin Maja Schwaab aus seiner Sicht, wie er die Paartherapie erlebt hat - und warum er nicht an allem schuld ist.

In Majas Texten wirke ich ziemlich stur und uneinsichtig. Aber mal unter uns: Maja ist mindestens genau so stur. Vor der Therapie war das extrem: War ich damals anderer Meinung, fand sie meine Ansichten völlig überzogen und hat mir gar nicht zugehört. Einmal gingen wir spazieren und Mattis fiel hin, weil Maja ihn an der ausgestreckten Hand gehalten hatte. Ich wurde sauer, weil ich ihr schon so oft gesagt hatte, dass sie sich etwas zu ihm herunterbeugen sollte, damit sein Arm nicht so in die Höhe gereckt wird und er das Gleichgewicht besser halten kann. Ihre Antwort: "Mittlerweile gehen mir deine ständigen Anweisungen da rein und da raus." Das hat mich wahnsinnig wütend gemacht. An dem Abend wäre ich am liebsten gegangen.

Wir brauchten die Therapie dringend. Ich hatte das Gefühl, wir würden direkt auf die Scheidung zusteuern, wenn es so weiterginge. Es ist nicht so, dass ich zu großartigen Erkenntnissen gelangt wäre. Aber die Therapie hat uns die Möglichkeit gegeben, in Ruhe über Dinge zu sprechen.

Allein durch die Anwesenheit eines Dritten reißt man sich mehr zusammen. Ich weiß, dass vieles deshalb schiefläuft, weil ich oft sehr emotional reagiere. Dann greife ich Maja an, und das funktioniert bei ihr überhaupt nicht. Es verletzt sie, sie verschließt sich dann völlig. Ich muss das besser in den Griff bekommen. Das wusste ich eigentlich vorher schon - aber wir waren in einer derart negativen Spirale gefangen, waren andauernd wütend aufeinander, dass wir uns nicht auf Lösungen fokussiert haben. Das ging auf Peters Couch viel besser.

"Ihr Umgang mit unserem Sohn hat mich wütend gemacht"

Was mir im Laufe des letzten halben Jahres klar geworden ist: Ich hatte von Anfang an grundlegend ein Problem damit, wie Maja mit Mattis umging. Sie hat sich oft beklagt - damit konnte ich emotional nicht umgehen. Für mich war die Geburt unseres Sohnes ein umwerfendes, wunderschönes Ereignis. Es hat mich wütend gemacht, wenn Maja genervt von Mattis war. Und dann immer ihre Forderungen, die Aufgaben müssten zu 100 Prozent gleich verteilt sein! Für mich ist es völlig natürlich, dass Mattis im ersten Jahr seine Mama mehr brauchte. Maja wollte das einfach nicht einsehen. Das heißt ja nicht, dass es für immer so bleibt - mittlerweile etwa bringe ich den Kleinen jeden Abend ins Bett, und auch auf dem Spielplatz bin ich oft aktiver als Maja. Irgendwann wird er wahrscheinlich mehr Zeit mit mir verbringen als mit ihr. Das ist doch normal.

Maja hat immer nur gefordert und gedrängt. Statt einfach zu sagen, was sie denkt und fühlt, kamen Vorwürfe. Vielleicht hätte ich auch mehr fragen sollen.

Aber ich hatte das Gefühl, immer am Pranger zu stehen. Wenn ich sie um Hilfe gebeten habe - etwa beim Zähneputzen mit Mattis, oder wenn ich Schwierigkeiten hatte, ihn ins Bett zu bringen - hat sie mir die verweigert: "Ich schaff das doch auch allein." Für mich klang das wie: "Da musst du jetzt durch, weil ich da auch durchmusste". Ich wollte, dass wir ein Team sind, dass wir die Dinge zusammen machen. Das hat Maja mir oft verwehrt. Und vor allem: Sie hat mehr auf andere gehört als auf mich. Dabei bin doch ich ihr Partner!

"Zu oft verletztes Mädchen statt erwachsene Frau"

Während der Therapie habe ich aber auch viel darüber nachgedacht, was ich tun kann, um die Situation zu verbessern. Ich versuche jetzt, nicht sofort zu reagieren, wenn ich sauer werde, denn mein Tonfall ist dann oft nicht ok. Den ersten Moment abzuwarten und zu reden, wenn sich die Emotionen abgekühlt haben - das ist schwierig, weil man Automatismen überwinden muss.

Bei Maja habe ich beobachtet, dass sie sich geöffnet hat. Sie hält nicht mehr so daran fest, wie die Dinge aus ihrer Sicht sein sollten. Wahrscheinlich geht es uns auch deshalb besser, weil sie viele Einsichten bereits angewendet hat. Aber sie muss noch besser lernen, mit Kritik umzugehen, mit Meinungsverschiedenheiten. Sie fühlt sich immer gleich in ihrer ganzen Person angegriffen, dann haben wir Tränen und Drama. Sie war in den letzten zwei Jahren viel zu oft ein kleines, verletztes Mädchen statt einer erwachsenen Frau.

Ein Kind zu bekommen ist schon ein gewaltiges Unterfangen. Alles wird komplexer, die Ansprüche sind unheimlich gestiegen. Aber ich habe die Hoffnung, dass wir das jetzt besser packen. Alles hat sich beruhigt und stabilisiert. Und nach jeder Sitzung bei Peter fühlen wir uns richtig gut, da ist dann viel mehr Zusammengehörigkeit. Das ist für mich ganz wichtig: dass wir ein "Wir" aufbauen, statt als "Ich" und "Du" nebeneinander zu leben.

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