Wie sich zwei Frauen bei der Trauer um ihre Männer unterstützen

Wie sich zwei Frauen bei der Trauer um ihre Männer unterstützen

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Sheryl Sandberg verlor völlig unerwartet ihren Mann, den Vater ihrer beiden Kinder. New-York-Times-Autorin Katie Hafner teilt ihr Schicksal - und ihre Gefühle in einem offenen Brief.

Foto: Olson/ Getty Images

Er wollte fit bleiben und bezahlte mit dem Tod: David Goldberg, Ehemann von Facebook-Managerin Sheryl Sandberg, stürzte im Fitnessstudio vom Laufband und starb. Das Paar war elf Jahre lang verheiratet und hat zwei Kinder.

Die New-York-Times- und Buchautorin Katie Hafner teilt das Schicksal von Sheryl Sandberg - und ihre Trauer um den Lebenspartner in einem offenen Brief. 13 Jahre ist es her, dass auch ihr Mann im Fitnessstudio starb, die gemeinsame Tochter war damals acht Jahre alt.

"Mein Herz schmerzt für dich, und das umso mehr, weil mir das Gleiche passiert ist wie dir. Du wirst es durchstehen. Aber du wirst niemals darüber hinwegkommen", schreibt Katie Hafner zunächst wenig ermutigend. Dann zeichnet sie ihren eigenen Leidensweg nach - und macht Hoffnung auf ein erfülltes Leben nach dem Tod der großen Liebe.

Katie Hafners Brief in Auszügen:

"Du wirst alles hinterfragen, was du in deinem Leben für wahr gehalten hast"

"Niemand rechnet damit. Wir würden alle verrückt werden, wenn wir das täten. Weil wir leben, als wenn wir Zeit hätten.

Von jetzt an und für immer -  ein für immer, das dein Mann nicht mit dir teilen wird, was zum Schmerz beiträgt - wirst du alles hinterfragen, was du in deinem Leben für wahr gehalten hast. Dein Vertrauen in die Fähigkeit, ohne Unfall von A nach B zu kommen, wird nie wieder dasselbe sein. Wir wissen alle, dass nichts sicher ist, aber wir wissen das auf eine vage, theoretische, da-denk-ich-morgen-drüber-nach-Weise. Du weißt das jetzt als erlebte Tatsache und das ändert die Art, wie du alles siehst. [...]

Wenn du rausgehst, wird die Welt aus den Fugen sein. Wie können die Leute ihren Hund spazieren führen, an der Straßenecke stehen und mit Freunden lachen, mit Musik im Ohr joggen, ihren Starbucks-Kaffee vor sich hertragen? Wissen sie es nicht?

Du wirst dir Vorwürfe machen. Vielleicht denkst du an das letzte Gespräch mit ihm und wünschtest, du hättest etwas anderes gesagt. Du wirst an das letzte Gespräch denken, das die Kinder mit ihm hatten. (Sie auch, immer und immer wieder). Das sind die Dinge, über die du keine Kontrolle hast.

Es gibt vieles, was du kontrollieren kannst

Aber es gibt vieles, was du kontrollieren kannst. Der altbekannte Rat, ein Jahr zu warten, bevor man große Änderungen angeht, ist der beste.

Und es gibt noch ein paar andere Dinge. Wenn du nicht mehr von der merkwürdig beruhigenden Logistik des Todes abgelenkt wirst - der Beerdigung, den Briefen, die du lesen und beantworten musst, [...] - wirst du dich dem gestoppten Leben widmen müssen; einer modernen, sehr persönlichen Version von Pompeji. Du hast seine Nachrichten auf deiner Mailbox. Du hast seinen Computer, der die Poesie seines Lebens enthält. Du musst entscheiden, ob du seine Privatmails liest (mein Rat: tu's nicht). Du magst Dinge entdecken, von denen er dir nie erzählt hat. Liebe ihn umso mehr dafür. [...]

Hier sind einige Empfehlungen, die meines Erachtens immer hilfreich sind. Erstens, lass es zu, dass andere sich um dich kümmern. Sorge dafür, dass du immer ein paar Leute um dich herum hast. Sei niemals allein, besonders nachts. [...]

Die Trauer deiner Kinder ist unaussprechlich

Alle werden dir helfen wollen. Lass sie. Delegiere. Erlaube deiner Familie und deinen Freunden, sich um seine Sterbeurkunde, sein Vielfliegerprogramm und sein Smartphone zu kümmern. Aber delegiere nicht deine Kinder. Lass sie nah bei dir sein, so viel du kannst. Denn die Kinder wissen: Wenn sie ihn so plötzlich verlieren können, kann es dich genauso treffen. [...]

Die Trauer deiner Kinder ist unaussprechlich, kompliziert und unvorhersehbar. Wir Erwachsenen tun vorhersehbare Dinge: Wir weinen, wir spüren ein unschließbares Loch in unserem Herzen und können das artikulieren; wir fühlen und drücken unseren Schmerz aus, unsere Wut, unsere Schuldgefühle. [...] Wenn wir in einem Nebel sind, sind wir uns dessen bewusst. Dann treten wir daraus hervor und machen weiter. Wir stehen auf, duschen, trinken Kaffee, ziehen uns an, schminken uns. Aber innerlich sind wir blutig und verletzt.

Das Innere unserer Kinder ist ebenfalls getrübt, aber auf eine Weise, die sie nicht verstehen können, der sie sich nicht stellen können. Finde sofort einen Trauertherapeuten für sie. Der Therapeut meiner Tochter rettete ihr das Leben. [...]

Ich bin wieder glücklich verheiratet, aber ...

Meine Tochter ist 21 und es geht ihr gut. Und ich bin wieder glücklich verheiratet mit einem wunderbar einfühlsamen Mann (der mir übrigens vorschlug, dir diesen Brief zu schreiben). Aber wenn ich daran denke, dass Zoes Vater nicht dabei sein wird, wenn sie in zwei Wochen ihren College-Abschluss macht, möchte ich gegen die Wand treten.

Und das ist das Merkwürdigste: Auch nach 13 Jahren taucht manchmal plötzlich das Gesicht meines Mannes vor meinem inneren Auge auf. Selbst in dem unklaren Licht, in dem er erscheint, kann ich sehen, dass er sich kein bisschen verändert hat.

Du hast Millionen von Frauen mit deinem Rat geholfen. Ich hoffe, meiner hilft dir in diesem schrecklichen Moment. Ich denke jeden Tag an dich und noch viele weitere Tage lang.

Love, Katie"

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