Warum man im Streit genau DIESE Sache tun sollte

Warum man im Streit genau DIESE Sache tun sollte

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Wenn wir streiten, können wir zu Kampfrobotern werden, sagt Paartherapeut Oskar Holzberg. Und es gibt nur eine Chance, da wieder rauszukommen.

Foto: GeniusKP/shutterstock

"Mein Gott, ich habe doch dann gleich geantwortet", sagt er. "Nein, du hast nicht gleich geantwortet. Du hast nach einer Woche geantwortet", sagt sie.
"Quatsch, das waren vier, allerhöchstens fünf Tage!", sagt er.
"Fünf! Es waren fünf Tage. Am Sonntag habe ich es dir gesagt, erst am Donnerstag hast du geantwortet", sagt sie.
"Du kannst doch den Sonntag nicht mitzählen, wenn du es mir erst abends sagst. Echt, was willst du mir jetzt eigentlich anhängen?", sagt er.
"Genau genommen hatte ich dich ja schon am Sonnabend gebeten. Also sind es sogar sechs Tage", sagt sie.
"Es wird ja immer besser. Erst sind es vier Tage, dann fünf, dann sechs, bald sind es vermutlich drei Wochen. Wann soll das denn am Sonnabend bitteschön gewesen sein?", sagt er.
"Auf dem Rückweg vom Einkaufen. Aber du hörst mir ja nie zu", sagt sie.
"Ach, jetzt geht das schon wieder los. Ich nehme ab jetzt am besten alle Gespräche auf und sage nichts mehr ohne meinen Anwalt", sagt er.
"Deinen Anwalt kannst du gleich für die Scheidung engagieren, wenn du nie auch mal zugeben kannst, wenn du Scheiße baust", sagt sie.

Ja, dieser Dialog ist ermüdend. Wissen wir noch, worüber das Paar eigentlich streitet? Nein, wir wussten es auch nie. Das Paar wusste es wohl mal, aber mittlerweile haben auch sie es vergessen. Die beiden haben grausam kommuniziert. Sie haben Ungefähres als Fakten ausgegeben. Durch "immer" und "nie" so verallgemeinert, dass sich der Partner angegriffen fühlen muss. Einander üble Motive unterstellt. Übertrieben.

Wir werden zu Kampfrobotern

Wir kennen solche Eskalationen. Ein Wort scheint das andere zu erzwingen. Wir werden zu Kampfrobotern. Adrenalin regiert, wir reagieren nur noch. Automatisch. Versuchen, jeden Angriff zu kontern, selbst Treffer zu setzen. Das gibt auf jeden Fall einen fiesen Streit. Vielleicht gibt es sogar einen Riss in der Beziehung, Zweifel am gemeinsamen Leben, Unsicherheit. Die nächste Auseinandersetzung ist so gut wie sicher. Sie wird ein weiterer Schritt auf der Abwärtsspirale einer Beziehung sein.

Wir können das alles verstehen und begreifen. Wie Konflikte sich steigern. Die verzweifelten Versuche, unsere Beziehung zu erhalten, die eigentlich dahinterstehen. Die Angst, für den anderen nicht mehr liebenswert zu sein. Der Wunsch, uns schützen zu wollen. Doch wenn wir mitten im Geschehen stecken, dann brauchen wir eine Orientierung. "Wieder bei eins anfangen" ist der Versuch einer Orientierung.

Foto: Ilona Habben

Um wieder bei eins zu beginnen, müssen wir anhalten. Innehalten. Wieder zu uns finden. Denn wir sind nicht mehr bei uns. Wir sind verloren gegangen.

Jetzt nicht weitermachen. Alles loslassen. Aussteigen, ohne wegzugehen. Uns besinnen. Bewusst unseren Atem fühlen. Was ist die Situation? Was um alles in der Welt machen wir hier gerade? Ausatmen, ruhig werden. Worum geht es mir eigentlich? Wo wollte ich hin? "Hey, ich will mich gar nicht mit dir streiten!" Und dann aushalten, dass "Dann tu es auch nicht!" oder "Ich aber!" hinterhergefeuert wird. Beruhigen. Zurückkommen ins Jetzt, zu dem, was ist. Hier sitzen wir zwei. Wie erlebe ich uns gerade? Was ist mir wichtig mit dir? Dort wieder beginnen. Wieder bei eins anfangen.

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