Warum ihr in der Liebe Grenzen setzen müsst

Warum ihr in der Liebe Grenzen setzen müsst

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Abgrenzung ist in der Partnerschaft ein ständiger Prozess, in dem das Paar immer wieder seine Grenzen aushandelt. Wer das nicht tut, belastet seine Beziehung.

Foto: Kitja Kitja/shutterstock

Marita. Manchmal ist es für sie beim Sex unangenehm, wenn er zu schnell beginnt, ihre Brüste zu streicheln. Er ist nicht uneinfühlsam, aber sie würde seine Hände lieber erst an anderen Körperstellen spüren.

Ulli. Er vertraut ihr zum ersten Mal an, dass er öfter daran denke, seinen Job zu kündigen. Sie beginnen, darüber zu sprechen. Dann klingelt das Telefon. Kurze Zeit später hört er sie zu ihrer anrufenden Freundin sagen: "Ulli überlegt gerade, ob er nicht vielleicht kündigen sollte." Plötzlich fühlt er sich sehr allein.

Hanna. Sie und ihr Mann diskutieren, ob sie ihre Ferienwohnung vermieten. Für ihn ist es eine klare Sache, ihr Bankkonto spricht dafür. Hanna empfindet es als Eindringen in ihre Privatsphäre. Er findet das zu unbedeutend, um lange darüber zu diskutieren. Sie läuft aus dem Zimmer.

Am liebsten ist uns das Leben, wenn wir darin unbeschwert wie in einem angenehm warmen Strom treiben können. Doch der Aufenthalt in diesem Gefühls-Nirvana ist uns selten gegönnt. Viel häufiger ist da etwas, was stört: Der Nachbar hört seine Musik zu laut, der Kollege benutzt ungefragt unseren PC oder unser Partner nennt uns schon wieder "Anni-Schatz", was wir schon als Kind gehasst haben. Wir fühlen uns ignoriert, nicht respektiert oder gar vereinnahmt. Wir müssen uns abgrenzen.

Wenn unsere Beziehung ein sicherer Ort bleiben soll, müssen wir deutlich füreinander sein

Doch gerade gegenüber unserem Liebespartner ist das nicht immer leicht. Denn zum einen möchten wir nicht unsererseits seine Grenzen überschreiten und ihn einengen. Zum anderen sind wir tief enttäuscht, weil ausgerechnet der eine Mensch, der uns doch so gut wie niemand sonst verstehen sollte, so unsensibel gegenüber unseren Bedürfnissen ist. Doch es führt kein Weg daran vorbei, einander mitzuteilen, wodurch genau wir uns bedrängt, gekränkt, verärgert oder auch nur unwohl fühlen. Denn unsere Gefühls-Grenzen sind für unseren Partner unsichtbar.

Deshalb tut Marita gut daran, seine Hand beim nächsten Mal sanft, aber deutlich aufzuhalten. Ulli muss ansprechen, dass er das nicht nach außen getragen sehen möchte, worüber er sich selbst noch nicht im Klaren ist. Und Hanna sollte nicht verletzt weglaufen, sondern sich dafür einsetzen, respektiert zu werden. Wenn unsere Beziehung ein guter, sicherer Ort bleiben soll, dann müssen wir deutlich füreinander sein.

Foto: Ilona Habben

Sobald wir lernen, unsere Grenzen zu vertreten, fühlen wir uns weniger bedroht und ausgeliefert, können entspannter reagieren. In der Selbstverständlichkeit naher Beziehungen werden Grenzen manchmal auch rigoros und aggressiv eingefordert. Doch nur Tyrannen erwarten, dass ihre Grenzen ein für alle Mal uneingeschränkt respektiert werden. Gute Grenzen im Umgang miteinander sind flexibel. Tatsächlich ist Abgrenzung in der Partnerschaft ein ständiger Prozess, in dem das Paar immer wieder seine jeweiligen Grenzen aushandelt. Aber wenn wir diese Grenzen nicht ziehen, dann wirken die Gefühle, die wir dadurch unterdrücken, in uns fort und belasten die Beziehung. Es gibt daher viele Gründe, weshalb Grenzen, die nicht gefühlt werden, gesetzt werden müssen.

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