Verdammt, man kann auch glücklich ohne Mann sein

Verdammt, man kann auch glücklich ohne Mann sein

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Müssen wir in einer romantischen Zweierbeziehung leben oder kann man ohne Mann glücklich sein?

Foto: Northcut/Thinkstock

Manchmal stelle ich mir vor, es gäbe eine Parallelwelt. In dieser Parallelwelt gibt es, wie in dieser Welt auch, Menschen, die gerade als Paar leben, und Menschen, die gerade nicht als Paar leben. Der einzige Unterschied: In dieser Welt wäre nicht die romantische Zweierbeziehung - die RZB, wie es die sehr schlaue Sängerin und Schriftstellerin Christiane Rösinger in ihrem Buch "Liebe wird oft überbewertet" abkürzt - die einzig gesellschaftlich als normal anerkannte Daseinsform und alles andere ein höchst unangenehmer Zustand, den es schnellstmöglich zu beenden gilt. Stattdessen wäre das Alleinleben als genauso normal akzeptiert wie die Tatsache, dass man allein geboren wird, allein sterben wird und sich deswegen ja auch nicht jeden Tag die Augen aus dem Kopf weint.

In dieser Parallelwelt ohne RZB-Norm werden mittelgute Freundinnen, mit denen man abends ausgeht, nicht sofort und ständig fragen, ob "der Typ da" nicht was für einen wäre - "der Typ", mit dem man eben zwei unvollständige Sätze gewechselt hat, nämlich: "Hast du mal Feuer?" - "Ah, super, danke!"

In dieser Welt wird der Möbelpacker, der einem das Sofa in die neue, allein bewohnte Wohnung stellt, nicht fragen: "Was machen Sie denn abends so? Immer nur fernsehen oder Internet allein ist doch langweilig, so ohne Mann?"; dabei auch noch konsequent die Tatsache ignorierend, dass von zehntausend möglichen Abend-Aktivitäten (Banjo spielen, mit Freunden trinken gehen, am Durchbruch in der Quantenphysik arbeiten) Fernsehen und Internet gerade nun diejenigen sind, die sich sogar exzellent allein machen lassen. In dieser Welt werden Bekannte - vorzugsweise die, die im Ein-Jahres-Rhythmus von einer unglücklichen Beziehung in die nächste stolpern, weil er fremdgeht/nie mit ihr über seine Gefühle redet/sich um nichts kümmert - nicht jedes Mal, wenn sie einen treffen, sagen: "Bist du etwa immer noch allein? Wieso machst du kein Online-Dating?" Und wenn man dann sagt: "Nö, will ich nicht", einen mit mehr Mitleid und Unverständnis anschauen als einen flossenlosen Delfin.

In dieser Welt blieben uns eine Million Single-Ratgeberbücher erspart, die einem einreden, das Einzige, was man als weiblicher "Single" machen könnte, sei, schöne Schaumbäder zu nehmen und dazu ein Glas Prosecco zu trinken, um sich dann wieder voller Elan in die Partnersuche zu stürzen. In dieser Welt könnten Frauen, die einen Kinderwunsch, aber keinen Partner haben, vielleicht etwas selbstverständlicher darüber nachdenken, ob die RZB denn wirklich zwingende Voraussetzung für ein Kind ist oder ob es auch andere Möglichkeiten gibt, vielleicht, nur mal als Idee, ein schwuler Freund mit Kinderwunsch. In dieser Welt muss keiner erklären, warum er einen nicht-verwandten Menschen aufrichtig liebt und trotzdem keinen Sex (mehr) mit ihm hat. Es muss keiner erklären, warum er mit einem bestimmten Menschen immer wieder Sex und trotzdem nicht den Drang hat, ein gemeinsames Eigenheim zu bauen und jeden Abend nebeneinander einzuschlafen. Es muss keiner erklären, warum man allein und es gerade gut so ist. Überhaupt müsste man viel weniger erklären. Auch sich selber nicht.

Ich behaupte nicht, dass das Leben in der RZB nicht trotzdem sehr glücklich machen kann, verliebt sein ist nun mal verdammt großartig. Ich kann auch nicht ausschließen, dass das Leben ohne RZB nicht sehr unglücklich sein kann, vor allem dann, wenn man gerade verlassen wurde und das Herz zerreißt.

Aber abgesehen davon glaube ich, dass meine Parallelwelt ein guter Platz zum Leben wäre. Und zwar für alle.

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