Bikini-Figur? Kann uns gestohlen bleiben!

Bikini-Figur? Kann uns gestohlen bleiben!

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Sommerzeit = Stresszeit für Frauen. Der Druck, die perfekte Bikini-Figur zu haben, ist riesig. Höchste Zeit, das überzogene Körperideal in die Wüste zu schicken.

Foto: afreaka/photocase.de

Der Sommer ist da - zumindest kalendarisch. Worauf wir uns verlassen können ist, dass jetzt wieder dieses Hass-Wort auftaucht: Bikini-Figur. Man mag Instagram oder Facebook schon gar nicht mehr öffnen, weil einem ständig pralle Brüste, superschmale Oberschenkel mit Thigh-Gap und flunderflache Bäuche entgegenspringen. Nirgendwo auch nur ein Gramm Fett zu viel. Selbst ein paar Tage nach der Geburt sehen manche Frauen so aus, als seien sie nie schwanger gewesen, siehe "Sixpack Mom".

Als Otto-normal-ich-nehm-gern-ein-Dessert-Frau kann man nur verlieren. In Umfragen erklären zutiefst unglücklich wirkende Frauen lang und breit, was sie an ihrem Körper "hassen". Die Oberschenkel: zu fett. Die Brüste: nicht fett genug. Die Hüften: zu breit. Der Po: zu rund oder zu flach. Der eigene Körper? Wir schämen uns seiner so sehr.

Die feministische Psychoanalytikerin Susie Orbach spricht in der "Süddeutschen Zeitung" treffend vom "Körperterror". Es sei heute schlichtweg normal, seinen Körper nicht zu mögen. Wen wundert's? Im Netz poppen täglich neue absurde Wettbewerbe auf, bei denen sich die Dünnsten dieser Welt gegenseitig abfeiern: Ob die #BellyButtonChallenge, bei der man seinen Arm hinter dem Rücken zum Bauchnabel führen soll oder die #collarbonechallenge, bei der möglichst viele Münzen auf dem Schlüsselbein abgelegt werden müssen.

Der Körperterror beginnt schon früh: 24 Prozent der Mädchen zwischen 6 und 16 Jahren würden sich über eine Schönheits-OP als Geschenk freuen, so die Bravo-Studie 2009. In den USA haben 62 Prozent aller Frauen schon mal Diät gemacht, 70 Prozent von ihnen, bevor sie 13 Jahre alt waren.

Der gnadenlose Blick in den Spiegel

Auf der einen Seite der Wunschkörper - auf der anderen die Realität. Die durchschnittliche Frau in Deutschland ist 1,65 Meter groß und wiegt 68,1 Kilogramm - das entspricht Kleidergröße 44.

Aber die Zahlenkombination 90-60-90, das unerreichbare Model-Ideal, hat sich festgebissen in unserer Vorstellung wie ein Hund in das Bein eines Einbrechers. Kaum verwunderlich also, dass sich 81 Prozent der deutschen Frauen zu dick fühlen. Unbedingt soll ein flacherer Bauch, ein knackigerer Po und ein muskulöserer Körper her, sagen die Frauen in einer aktuellen Umfrage.

Selbst mit allen Mitteln ausgestattete Promis jammern medienwirksam über ihre Körper: Scarlett Johansson? "Ich mag meine Oberschenkel nicht." Kim Kardashian? Heulte früher angeblich die Nächte durch wegen ihres ausladenden Hinterteils. Paris Hilton? Läuft wohl oder übel in Schuhen Größe 42 durchs Leben.

Wohin also mit all dem Frust? Der Psychologe Rolf Merkle hat einen wichtigen Satz gesagt: "Es muss sich nicht dein Spiegelbild ändern, sondern dein Blick in den Spiegel."

Anfreunden statt vergleichen

Es reicht! Unser Körper ist viel mehr als eine Projektionsfläche für perfide Ideale. Was wir nie vergessen sollten, wenn wir uns mal wieder wegen unseres Äußerens fertig machen: Er ist nur die Hülle für all das, was uns als Menschen ausmacht: unsere Gedanken, Ideen und Träume. Ausstrahlung, Lebendigkeit und Herzlichkeit sind Eigenschaften, die nichts mit unserer Konfektionsgröße zu tun haben. "Der Körper ist Sitz all unserer Gefühle und Empfindungen. Nur durch ihn fühlen wir und können wir unsere Gefühle und Empfindungen zum Ausdruck bringen", so die Sexualtherapeutin Astrid Leila Bust.

Ein schöner Körper allein macht uns nicht liebenswert. Aber wir haben viel davon, wenn wir unseren Körper mehr lieben. Denn: Wir haben nur den einen - und er trägt uns durch unser ganzes Leben. Höchste Zeit, dass wir ihn freundlicher behandeln. Statt uns an unrealistischen Idealen zu messen, sollten wir uns anfreunden mit dem, was wir haben. Der Blick allein entscheidet, ob wir eine Zahnlücke als "sexy" oder "schrecklich" bewerten. Wird einem dieser Mechanismus erst mal klar, lebt es sich entspannter.

Wenn wir also das nächste Mal beim Blick in den Spiegel wieder überkritisch urteilen, sollten wir kurz an den großen Erfinder Thomas A. Edison denken. Der sagte einst: "Die Hauptaufgabe des Körpers besteht darin, den Verstand spazieren zu tragen."

In diesem Sinne: Schönen Sommer!

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